Heute möchten wir euch einen lesenswerten Bericht aus der Burger Volksstimme vorstellen. Hierbei geht es um Susi Spiegel, eine der erfolgreichsten Sportlerinnen unser Zeit.
Trotz ihrer 88 Jahre will die Heyrothsbergerin Susi Spiegel noch ein Mal zurück auf das Spielfeld.
Fällt der Begriff auf Sport in Heyrothsberge, ist es zunächst der Fußball, den viele mit dem Ort in Verbindung bringen. Der Verein steht jedoch auch für Badminton. Und damit auch für Susi Spiegel, die zu den erfolgreichsten Spielerinnen aller Zeiten gehört.
Ihre sportliche Karriere begann Spiegel zunächst bei den Handballerinnen von Stahl Nord Magdeburg und in Biederitz. Doch schon mit Mitte 20 hängte sie das Trikot an den Nagel. „Meine Familie hatte Vorrang“, erklärt die Heyrothsbergerin ihren vorläufigen Rückzug. Erst nach zehn Jahren Pause, die drei Kinder waren aus dem Gröbsten raus, suchte sie im Alter von 33 Jahren erneut nach einer sportlichen Herausforderung. Diese fand sie schließlich bei Dynamo Heyrothsberge und begann mit dem Badmintonspielen.
„Federball, so hieß das damals. Wir spielten noch mit Plastikbällen. Den ersten neuartigen Ball hatte ich erst viel später in der Hand. Mittlerweile hat sich ja auch der Begriff, Badminton’ etabliert“, so Spiegel, die zu DDR-Zeiten bereits 22 Titel erkämpfte und durch deren Übungsleiterschule mehr als 20 Kinder gingen.
Als sie 1965 in die Abteilung Federball hineinschnupperte, ging es lediglich um den Spaß am Sport, denn der Erfolg ließ noch eine ganze Weile auf sich warten. Beim ersten Wettkampf in Zittau flog sie als Erste aus dem Rennen. „Mir fehlte schlichtweg die Erfahrung. Das steigerte sich erst von Wettkampf zu Wettkampf“, so Spiegel mit Blick auf die Anfänge ihrer Karriere. Und vier Jahre später durfte die damals 37-Jährige endlich zum ersten Mal das Siegertreppchen besteigen.
Höhepunkte ihrer Laufbahn waren vor allem die Teilnahmen an verschiedenen Weltmeisterschaften. Im Jahr 2009 führte sie ihr Weg zu den „World Master Games“ nach Australien, bei welcher sie - trotz eines grippalen Infekts - im Einzel, Doppel- und Mix ihrer Altersklasse die Goldmedaille holte.
„Meine langjährige Doppelpartnerin Ursula Jurkschat kommt aus Schwarzenbek in Schleswig Holstein. Im Mix habe ich jedoch oft mit wechselnden Partnern gespielt. Ich hatte einen hohen Männerverschleiß, jedenfalls im Badminton“, berichtet die Rentnerin mit einem Lachen.
Gemeinsam mit ihrem Mann Gerhard reiste sie von einem Turnier zum nächsten und sammelte eifrig Titel. „Ohne meinen Mann hätte ich das nicht machen können. Er unterstützte mich zu jeder Zeit und begleitete mich von einem sportlichen Höhepunkt zum nächsten“, berichtet Spiegel. Ein bisschen Wehmut kommt auf, denn seit einigen Jahren ist sie verwitwet. „Im Anschluss begleitete mich meine Tochter überall hin. Sonst hätte ich das Spielen längst aufgeben müssen.“
Im Jahr 2017 holte Spiegel ihren bisher letzten Deutschen Meistertitel in Solingen. Dort fiel der Entschluss, den Schläger zumindest teilweise an den Nagel zu hängen. „Ich hatte schlichtweg keine Lust mehr und wollte nur noch an kleineren Turnieren teilnehmen“ erklärt sie. Im vergangenen Jahr wollte sie sich eigentlich gänzlich aus dem Wettkampfgeschehen zurückziehen und ihr Abschlussturnier in Leipzig bestreiten. Coronabedingt fielen die bereits angesetzten Wettkämpfe allerdings aus und so wurde auch Spiegels Abschied fürs Erste aufs Eis gelegt. Doch eine Badmintongröße wie sie verschwindet nicht einfach von der Platte.
Sie wird, sobald möglich, dem Wunsch ihrer Tochter folgen und noch ein weiteres Jahr aktiv spielen. Immerhin kribbelt es auch schon in den Fingern, denn seit Oktober 2020 ruht erneut der Ball. „Ich werde es definitiv nochmal versuchen. Ob ich aber an die vergangenen Zeiten anknüpfen kann, weiß ich nicht“, so Spiegel, die trotz fehlenden Sports immer in Bewegung bleibt. Das beweist auch der Blick auf ihre Fitnessuhr. Morgens um zehn zählt das smarte Armband bereits rund 3000 Schritte.
„Fahrrad fahre ich auch. Daneben bin ich viel im Garten unterwegs. So schnell roste ich also nicht.“ Es ist also eine Frage der Zeit, wann das erfolgreiche Badminton-Ass wieder auf der Platte stehen wird, um ihren Abschied gebührend zu feiern. Ein Glas Sekt darf dann keinesfalls fehlen, allein um auf die 50 Medaillen, darunter 35 Titel, bei gesamtdeutschen Meisterschaften anzustoßen.
Quelle: Burger Volksstimme vom 16.03.2021 von Karolin Pilz